Beim Global Digital Compact braucht es eine stärkere Stimme der Zivilgesellschaft

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    Die Vereinten Nationen befassen sich im Rahmen des Global Digital Compact (GDC) mit der Gestaltung der digitalen Zukunft im globalen Rahmen. Hierzu hatte der UN-Generalsekretär im Mai 2023 einen Policy Brief vorgelegt. Die Regierungen verorten derzeit ihre Positionen dazu und sollten dabei insbesondere auch die Stimmen aus der Zivilgesellschaft hören. Über die letzten Wochen hatte sich die Open Knowledge Foundation im Rahmen eines Bündnisses aus zivilgesellschaftlichen Organisationen (auf Initiative von Wikimedia Deutschland) den Policy Brief genauer angeschaut und Vorschläge für wünschenswerte Anpassungen gemacht. Beim Internet Governance Forum Deutschland in der letzten Woche bot sich nun die Gelegenheit für einen neuen Austausch.

    Die folgenden Punkte sollten aus zivilgesellschaftlicher Sicht bei den weiteren Verhandlungen im Fokus stehen:

    1. Menschen- und Bürger:innenrechte im Digitalen müssen gestärkt und weiterentwickelt werden.
    2. Der GDC sollte progressive Entwicklungen in der globalen Digitalpolitik kraftvoll ausbauen, statt hinter bestehende Vorschläge zurückzufallen.
    3. Globale digital commons sollten die starke Zielvision des GDC werden.
    4. Eine gerechte und inklusive globale digitale Transformation fußt auf offenen Infrastrukturen, Codes und Standards.
    5. Menschenrechtliche und unternehmerische Sorgfaltspflichten und Regulierungsmöglichkeiten etwa von Plattformen müssen deutlicher und konkreter angesprochen werden.
    6. Die zivilgesellschaftliche Beteiligung und der Multi-Stakeholder-Ansatz müssen im weiteren Prozess gestärkt werden.
    7. Nachhaltigkeit und die Umsetzung der 2030-Agenda sollten im gesamten GDC sichtbares Leitmotiv sein, nicht nur in einzelnen Unterkapiteln.
    8. Digitalisierung ist weit mehr als der isolierte Blick auf Künstliche Intelligenz.

    Neben der dringenden Berücksichtigung der oben aufgeführten Punkten in den Verhandlungen, sollte die Bundesregierung sich darüber hinaus dafür einsetzen, dass:

    • die Welt ein freies, offenes, demokratisches, interoperables, verlässliches und sicheres Internet erhält und jegliche Regulierung oder Praxis vermieden wird, die zu einer Zersplitterung beiträgt,
    • digitale Innovationen dem Gemeinwohl dienen und das Risiko von Marktkonzentration senken,
    • Fragen sozialer Gerechtigkeit und die Betrachtung der global-gesellschaftlichen Auswirkungen konsequent in Betracht gezogen werden und so eine feministische Außenpolitik ins Digitale tragen,
    • die kontinuierliche und regelhafte Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteur:innen im GDC berücksichtigt wird und die Rahmenbedingungen für diese Einbindung erhalten, geschaffen und gestärkt werden,
    • fundamentale Voraussetzungen für den Schutz von Menschen, die marginalisiert, gewalt- oder armutsbetroffen sind, gewahrt bleiben, insbesondere Verschlüsselung, Anonymität, Datenschutz und Netzneutralität,
    • menschenrechtliche, unternehmerische Sorgfaltspflichten vonseiten digitaler Plattformen und Unternehmen streng eingehalten werden und Tendenzen, die das freie, offene und sichere Internet gefährden - einschließlich der Online-Zensur -und Netzsperren - schlagkräftiger, nachhaltiger und zielgerichteter angegangen werden,
    • zentrale Voraussetzungen für Teilhabe im Digitalen gewahrt bleiben, insbesondere Openness und freie Lizenzen für öffentliches, digitales Gut,
    • der GDC insgesamt und in all seinen Facetten auf das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung ausgerichtet wird,
    • die Voraussetzungen für digital literacy überall auf der Welt geschaffen werden, um allen Menschen Teilhabe im Digitalen zu ermöglichen; hierzu braucht es offene Lehr- und Lernmaterialien (Open Educational Resources) sowie umfassende Angebote und Unterstützung für Menschen aller Altersklassen,
    • Datenschutzrechte und Potenziale von Datennutzung nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern Datenschutzrechte als Gelingensbedingung für eine nachhaltige, soziale und sichere Datennutzung begriffen werden.

    Die beteiligten Organisationen der digitalen Zivilgesellschaft bieten an, im weiteren Prozess zur Vor- und Nachbereitung des Global Digital Compact und des Summit of the Future 2024 ein regelmäßiges Austauschformat zwischen der digitalen Zivilgesellschaft und der Bundesregierung zu schaffen, bei dem die hier angeführten Themen vertieft werden können. Ein offener Austausch über Perspektiven und die Umsetzungsmöglichkeiten der Vorschläge im Policy Paper und die weiteren Verhandlungspositionen zum GDC schärft nicht nur das gemeinsame Verständnis, sondern stärkt im besten Fall die deutsche Position und die Inhalte des GDC nachhaltig.

    Das gesamte Positionspapier der zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie die Liste der beteiligten Personen ist hier zu finden.