Die OKF der Zukunft – Teil II
Als langjähriges (und vor kurzem ausgeschiedenes) Vorstandsmitglied nehme ich zum Abschied das Privileg in Anspruch, nicht nur laut über die vergangene und gegenwärtige Arbeit der OKF nachzudenken, sondern auch Überlegungen zur zukünftigen Ausrichtung der Organisation anzustellen.
Teil II
Die Zukunft unserer Daten
Open Data ist Teil des Gründungsmythos der OKF. In den frühen Jahren haben Vorstand, Team und unzählige Freiwillige viel Zeit und Energie aufgebracht, um Verwaltungen im ganzen Land von der Sinnhaftigkeit offener Daten zu überzeugen. Mit Apps für Deutschland hat die OKF 2011 den ersten Open Data Wettbewerb in Deutschland mitorganisiert. Zahlreiche weitere Projekte folgten wie Offener Haushalt (2011), Stadt Land Code (2012/13) und Code for Germany (2014). Auch auf politischer Ebene wurden wichtige Erfolge errungen: die G8 Open Data Charter (2013), ein deutsches Open-Data-Gesetz (2016), der Beitritt Deutschlands zur Open Government Partnership (2016) und die Einführung eines Transparenzregisters (2017).
Schon früh sind Initiativen zu verwandten Themen wie Informationsfreiheit (mit FragDenStaat seit 2011) und Offenes Regierungshandeln (u.a. mit dem nationalen Open Government Netzwerk seit 2011) dazugekommen. Der anfängliche Fokus auf die Nachnutzung offener Daten für diverse Nutzer:innen-Gruppen (siehe u.a. der von der OKF mitgestaltete Apps for Europe Wettbewerb) hat sich immer weiter in Richtung der Öffnung von Verwaltung und Stärkung von demokratischer Teilhabe verschoben.
Auch wenn wir noch weit entfernt sind von einer wirklich offenen, transparenten und partizipativen Verwaltung und echter demokratischer Teilhabe, so waren die Veränderungen der letzten zehn Jahre bei eingehender Betrachtung doch sehr tiefgreifend. Was 2011 noch undenkbar schien, ist heute Mainstream. Open Data, Offenes Regierungshandeln und Informationsfreiheit ist in den Amtsstuben angekommen, auch wenn sich einige wenige Bundesländer und die ein oder andere Behörde standhaft weigern, die neuen Realitäten anzuerkennen.
In den kommenden zehn Jahren wird ein weiteres Thema an Bedeutung gewinnen. Schon jetzt ist unser Umgang mit Daten eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit. Die Frage nach dem Umgang mit personenbezogenen, insbesondere nutzergenerierten, Daten wird in den Mittelpunkt rücken. Jene Daten also, die wir in unserem Alltag generieren, wenn wir eine E-Mail schreiben, einen Tweet liken, eine Suchanfrage stellen oder eine Überweisung tätigen. Der enorme ökonomische, aber auch soziale und ökologische, Wert dieser Daten wirft zahlreiche Fragen auf: Wem “gehören” diese Daten? Wer darf sie für welche Zwecke nutzen? Welche Mechanismen, Modelle und Regeln sind geeignet für ein gerechtes, faires und sicheres Teilen von Daten?
In seitenlangen Strategiepapieren erläutern Bundesregierung und EU Kommission ihre Positionen und Maßnahmen. Mit pointierten Meinungsbeiträgen bringen sich Parteien und Lobbygruppen in Stellung. Die OKF sollte sich neben ihrem Einsatz für Open Data, Informationsfreiheit und Offenes Regierungshandeln auch zu diesen Fragen mit lauter Stimme und klaren Forderungen Gehör verschaffen.
Es bedarf echter Teilhabe durch die sogenannten “Datensubjekte” bei der Frage was mit ihren Daten passiert, einer gezielten Stärkung von Datenschutz und Datenrechten sowie der Einführung von Datenteilungs-Modellen, die tatsächlich den Vielen und nicht den Wenigen nutzen. Ansonst laufen gute Ansätze wie das Datentreuhänder-Modell Gefahr, die Machtkonzentration bei den Tech-Unternehmen zu vergrößern und damit genau das Gegenteil dessen zu erreichen, wofür sie eigentlich gedacht sind. Denn Datentreuhänder sollen eigentlich die informationelle Selbstbestimmung stärken und gleichzeitig größtmöglichen gesellschaftlichen Nutzen erzielen.
Wie wir mit unseren Daten umgehen, ist längst eine zutiefst gesellschaftspolitische Frage. Ob uns in Zukunft das demokratische Miteinander gelingen wird, hängt in erheblichem Maße von einer fairen und gerechten Nutzung unserer Daten ab.