Die OKF der Zukunft – Teil I

    Als langjähriges (und vor kurzem ausgeschiedenes) Vorstandsmitglied nehme ich zum Abschied das Privileg in Anspruch, nicht nur laut über die vergangene und gegenwärtige Arbeit der OKF nachzudenken, sondern auch Überlegungen zur zukünftigen Ausrichtung der Organisation anzustellen.

    Die großen Fragen der OKF

    Die OKF ist seit zehn Jahren Teil einer aktiven Zivilgesellschaft, die den gesellschaftlichen Wandel hin zu einer offenen Wissensgesellschaft gestaltet und vorantreibt. Sie fördert den freien Zugang zu Informationen und die Aneignung digitaler Kompetenzen, damit Menschen informierte Entscheidungen treffen und sich aktiv in soziale, gesellschaftliche und demokratische Prozesse einbringen und diese gestalten können. Dabei verfolgt die OKF “Offenheit” als Querschnittsthema, das nicht isoliert verwirklicht werden kann.

    Für mich haben drei große Fragen die Arbeit der OKF in den letzten Jahren geprägt:

    1. Wie muss eine offene, digitale und zeitgemäße Bildung aussehen, die Lernende innerhalb und außerhalb von Schulen dazu befähigt, konstruktiv, souverän aber auch kritisch mit digitalen Räumen umzugehen? Der Umgang mit Technologien ist dabei allerdings nur ein Mittel zum Zweck. Es geht vielmehr darum, unsere zunehmend digitalisierte Gesellschaft zu hinterfragen und mitzugestalten.

    2. Wie gelingt es uns, das demokratische Miteinander zu fördern? Das umfasst sowohl Fragen von staatlicher Transparenz durch Zugang zu Daten und Informationen, als auch eine Kultur der Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft.

    3. Wie schaffen wir es (technologische) Innovationen zu ermöglichen, die nicht in erster Linie einen wirtschaftlichen Nutzen verfolgen, sondern Bürger:innen ermächtigen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern?

    Jeder dieser drei Themenbereiche für sich ist groß, komplex und festgefahren in überholten Denkmustern, einem mitunter fragwürdigen Verständnis von Staat und Verwaltung und starren Machtstrukturen. Und dennoch ist es der OKF als kleiner und junger Organisation im Verbund mit vielen anderen zivilgesellschaftlichen Akteur:innen immer wieder gelungen, kleine und große Erfolge zu erzielen.

    Die OKF wird sich vermutlich auch in den kommenden zehn Jahren mit diesen drei Fragen beschäftigen. Ich glaube jedoch, dass die Organisation schon bald eine andere sein sollte. Dass sie diese drei Fragen ganz anders interpretieren oder komplett neu formulieren müsste.

    Die Bildung der Zukunft

    Jugend hackt ist seit 2013 Teil der OKF Familie. In Partnerschaft mit den Medienbildungsexpert:innenen von mediale pfade und einem stetig gewachsenen Netzwerk von Partner:innen wurden in den letzten Jahren hunderte Workshops, Hackathons und Events veranstaltet, hauptsächlich im deutschsprachigen Raum aber zuletzt auch an Orten wie Japan, Südkorea, Taiwan, Indien und Sri Lanka. Projekte wie die Datenschule (2015), edulabs (2017) oder das Forum Open Education (2018) ergänzen das OKF Bildungsportfolio.

    Bei all dem ging es immer um weit mehr als nur das Erlernen von Programmieren. Technologie, Daten und Code werden von der OKF als Mittel für gesellschaftliche Veränderung verstanden. Sie sind Instrumente mit denen wir uns als Gesellschaft kritisch aber auch offen und mit Neugier auseinandersetzen sollten. Dabei hat die OKF gezeigt, dass man Bildung ganz anders machen kann als es die klassischen Bildungsinstitutionen vorgeben. Sei es durch die offene, partizipative und demokratische Gestaltung von Bildungsstrategien und -ansätzen wie sie vom Forum Open Education vorangetrieben wird. Oder durch die sehr praktische Herangehensweise der Jugend hackt Events, bei denen Jugendliche Dinge entwickeln wie ein Armband, das vor Überwachungskameras warnt. Jugend hackt (und andere OKF Initiativen) hat auch gezeigt, dass es mehr bedarf als eines App-Wettbewerbs oder eines Hackathons, um eine Community aufzubauen, Vertrauen zu schaffen und einen bewussten, kritischen und selbstbestimmten Umgang mit digitalen Technologien zu fördern. In den Bildungsangeboten der OKF steckt viel Wissen und jahrelange Erfahrung in der partizipativen Arbeit mit jungen Menschen, um Bildung ganz neu zu denken, und neu umzusetzen.

    Bildung in Pandemiezeiten läuft in Deutschland mehr schlecht als recht. Doch auch wenn es gelingen sollte, die Schulen mit funktionierenden Teststrategien, Wechselunterricht und Co. wieder zu öffnen, so bleiben die großen Fragen nach einer zeitgemäßen Bildung bestehen. Denn die Kluft zwischen dem, was wir jungen Menschen vermitteln, und dem, was im digitalen Zeitalter tatsächlich notwendig wäre, besteht weiter und wird zunehmend größer. Es ist durchaus zu erwarten (und zu hoffen), dass wir in den nächsten fünf Jahren mehr über notwendige Veränderungen im Bildungssystem sprechen werden als in den letzten 50 Jahren zusammen.

    Die OKF sollte in diesen Diskursen eine prominentere Rolle spielen und den Anspruch haben, die Zukunft der Bildung mitzugestalten. Weil Bildung Ländersache ist, müsste sie dazu vor allem auf Länderebene noch aktiver werden. Die Erfahrungen in der Entwicklung und Umsetzung innovativer Formate, die Netzwerke zur Förderung einer offenen Bildung und insbesondere das Wissen darum, wie man jene Themen, die so wichtig sind in der heutigen Welt aber in den allermeisten Schulen immer noch nicht ganz angekommen sind, verleihen der OKF dabei eine besondere Verantwortung.