Die Bahn kommt… auf Open Data!

    Berlin, 23.10.2015 – Lange Zeit sah es so aus, als sei die Deutsche Bahn die letzte Bastion geschlossener Daten, aus der auf offiziellem Weg nicht auch nur ein Bit zu holen wäre. Doch was in diesem Frühjahr und Sommer mit zwei Hackathons in Frankfurt und Berlin anfing, soll keine Ausnahme bleiben: Auch die DB hat offenkundig die Vorteile von Open Data erkannt und bewegt sich auf eine Öffnung ihrer Daten zu.

    Die Open Knowledge Foundation ist erfreut, dass in einem ersten Schritt nun die Daten aller Aufzüge in den von der DB Station und Service betriebenen Bahnhöfen als Open Data veröffentlicht werden sollen. Unter anderem sollen Hersteller, Inbetriebnahmejahr und Geokoordinaten jedes Aufzugs – sofern in der Datenhaltung der Bahn vorhanden – der Community zur Verfügung stehen. Zusätzlich sorgen Angaben zur Türbreite und den Kabinenabmessungen dafür, dass Rückschlüsse auf die Barrierefreiheit der Anlage möglich sind. Im nächsten Schritt soll danach die Alpha-Version einer API folgen, über die der Betriebszustand der Aufzüge geprüft werden kann. Eine Indoor-Routing-Applikation könnte so beispielsweise im Falle einer Aufzugstörung gleich die passende Ausweichroute aufs Gleis ermitteln. Weitere Datensätze sind Betriebsstellenverzeichnis, Bahnsteighöhen und die Daten vom Netzradar.

    Hervorzuheben ist, dass der Veröffentlichungsprozess nach erklärtem Willen der DB nicht „von oben herab" vonstatten gehen soll. Stattdessen sollen sich Datenformate, Inhalte und API-Funktionalität an den Bedürfnissen der Community orientieren, die ausdrücklich zu Kommentierung und Feedback eingeladen ist.

    Stammdaten und API zu den Aufzügen sollen auch nicht die einzigen Daten der Bahn sein, die künftig unter Freier Lizenz verfügbar sind. Noch dieses Jahr soll mit einem eigenen Open-Data-Portal und einem weiteren Hackathon in Berlin am 11. und 12. Dezember der Grundstein für die Veröffentlichung weiterer Datensätze und deren Nutzung gelegt werden. Updates zum weiteren Vorgehen sind bereits für die kommende Woche angekündigt.

    Unternehmen Zukunft?

    Vorbei scheinen die Zeiten, in denen die Community nur über geschickte Hacks oder eigene Erfassung an Daten des größten deutschen Eisenbahnunternehmens kam und dabei auch noch Abmahnungen riskierte, wie vor drei Jahren bei OpenPlanB. Aus den darauf folgenden Shitstürmchen und dem gegenseitigen Argwohn scheint der Konzern gelernt zu haben – der erklärte Wille, die Community aktiv mit einzubeziehen, ist nichts weniger als ein Paradigmenwechsel im Umgang der Bahn mit den vielen Bahndatenenthusiast*innen.

    Von heute auf morgen wird dieser Kurswechsel bei einem so behäbigen Tanker wie der DB jedoch nicht zu bewerkstelligen sein, und demzufolge wird im angekündigten Open-Data-Portal vorerst auch nur eine sehr überschaubare Anzahl an Datensätzen zu finden sein. Die Community hat jedoch in den vergangenen Jahren mit einer Vielzahl von Projekten demonstriert, welche großartigen Lösungen sie mit und im Zweifelsfall auch gegen den Willen der Verkehrsunternehmen zu zaubern vermag. Projekte wie die OpenRailwayMap haben ihren Teil dazu beigetragen, die (durchaus vorhandenen) modernisierungswilligen Entscheider*innen auf Bahnseite vom Nutzen offener Daten zu überzeugen. Eine konstruktive Diskussion darüber, mit welchen Datenformaten und welchen weiteren Datensätzen diese Community am besten und liebsten arbeiten kann, kann nur dazu beitragen, auch die zurückhaltenderen Manager*innen im Konzern für die gute Sache zu begeistern.

    Update 29.10.2015: Hiermit auch die Ankündigung des 3rd #dbhackathon: commit open data am 11. und 12. Dezember in Berlin.

    Zu den Autoren: Stefan Kaufmann (Twitter) mag Züge und ist Mitgründer der Ulmer Open-Data-Arbeitsgruppe datalove/ulmAPI.de, die mittlerweile auch Open Knowledge Lab im Rahmen von Code for Germany ist. Seit rund fünf Jahren beschäftigt er sich zusammen mit anderen Mitstreiter*innen mit offenen Nahverkehrsdaten und schrieb 2014 auch seine Diplomarbeit über dieses Thema. Walter Palmetshofer arbeitet bei der OKF beim ODINE Open Data Incubator for Europe Projekt und fährt gern mit Zügen durch die Landschaft.