Open Data: ein bisschen Prototyp und dann?

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    Wie können erfolgreiche ehrenamtliche Civic-Tech-Projekte nachhaltig betreut und weiterentwickelt werden?

    Mit offenen Daten die Welt verbessern: das klingt ziemlich gut. Und das ist es auch – wenn da nicht das Problem wäre, dass Civic-Tech-Projekte in der Regel im Prototypen-Status hängenbleiben. Ein langfristiger Betrieb einer von vielen als sinnvoll empfundenen Plattform ist meist nicht möglich und Open Data damit nicht nachhaltig. Woran liegt das und welche Entscheidungen müssen getroffen werden, um dies zu ändern?

    Bestandsaufnahme: beliebt und kaputt

    In den letzten Jahren gab es einige Open-Data-basierte Plattformen, die durch ihren praktischen Nutzen überzeugten. Hierzu gehören z. B. Kleine Anfragen, Offener Haushalt, Wo ist Markt, Offene Daten oder Politik bei uns.

    All diese Projekte haben:

    • viele Besucher*innen, weil ihr Sinn intuitiv klar ist,

    • ein gemeinwohlorientiertes Ziel,

    • eine offene Datengrundlage,

    • keine Monetarisierung und

    • ein ernsthaftes Problem im laufenden Betrieb, weil an die Plattformen professionelle Ansprüche gestellt werden, ohne dass die Arbeit bezahlt wird. Der Erfolg der Projekte führt zu Ansprüchen seitens der Nutzerinnen, die ehrenamtliche Entwicklerinnen in ihrer Freizeit nicht erfüllen können und müssen. Unter diesen Bedingungen ist Verstetigung nicht möglich und führt zu Enttäuschungen auf allen Seiten.

    Bisherige Lösungsmöglichkeiten: Zu kurzfristig gedacht

    Staatliche Förderungen klingen wie eine gute Lösung: Entwickler*innen bewerben sich um Geld vom Staat, der kontrolliert, ob die Ausgaben sinnvoll eingesetzt werden. Dies scheitert aber häufig an der strukturellen Ausrichtung von Förderungen, die einem nachhaltigen Betrieb widersprechen:

    • Förderungen wollen immer etwas Neues fördern, nie den laufenden Betrieb.

    • Förderungen sind Produkt-Entwicklungs-Förderungen: Wenn ich als Unternehmen eine Förderung beantrage, dann habe ich einen relevanten Eigenanteil. Wenn das Projekt aber – wie bei Civic Tech – kein Geschäftsmodell hat, ist das investierte Geld rein ökonomisch betrachtet ein Verlust.

    • Förderungen haben einen riesigen Overhead, also viel Papierkram. Ausnahmen wie der Prototype Fund können leider ebenfalls keinen laufenden Betrieb fördern.

    Alle eingangs genannten Projekte sind Dienste für die Allgemeinheit, die nicht privat betreut werden müssten. Verwaltungen wären perfekt dafür geeignet - und auch verantwortlich - solche Projekte umzusetzen, um ihre Informationen für Bürger*innen transparenter darzustellen. Sie betreiben Plattformen kontinuierlich. Allerdings lassen sich Veränderungen in Verwaltungen nur langsam umsetzen.

    Das Kernproblem bei Behörden ist, dass die notwendigen Kompetenzen für den Betrieb moderner IT-Projekte selten vorhanden sind. Kleine Kommunen haben oft gar keine eigenen IT-Spezialist*innen. Und selbst bei großen sind die wenigen IT-Fachleute so sehr in bestehende Projekte eingebunden, dass sie in der Regel keine neuen Aufgaben übernehmen können. Dadurch entstehen Abhängigkeiten von privatwirtschaftlichen Dienstleistern, die mit einem Kontrollverlust einhergehen. Gelder werden in der Regel lieber in private Beratungen oder geschlossene Softwareprojekte gesteckt statt öffentliches Geld in Freie und Offene Software und ihre Umsetzung zu investieren.

    Forderungen für den nachhaltigen Betrieb von Civic-Tech-Projekten

    Daraus ergibt sich folgende Frage: Sind uns gemeinwohlorientierte, gut besuchte Plattformen wichtig genug, um sie dauerhaft zu finanzieren?

    Das sollten sie sein! Dafür brauchen wir allerdings

    • einen Weg, um Projekte zu finanzieren, von denen viele Behörden profitieren, für die aber keine Behörde allein verantwortlich ist. Denn viele Open-Source-Projekte scheitern aktuell noch daran, dass Behörde den Betrieb nicht alleine bezahlen können oder wollen. Das ist meistens absolut korrekt, aber Open-Source-Software ist durch seine Offenheit bestens dafür geeignet, von vielen gleichzeitig finanziert und genutzt zu werden.

    • Eine kommunalübergreifende Lösung, um auf Länder- oder Verbandsebene Infrastruktur, Diskussionsrunden und Vorlagen zu schaffen.

    • Mehr Fachpersonal in Behörden, um der Privatisierung öffentlicher Daten entgegenzuwirken und Dienstleister*innen fachgerecht zu kontrollieren.

    • Ggf. Unternehmen als Plattform, um erfolgreiche Civic-Tech Projekte weiterzuführen und zu fördern. Dabei muss die Aufsicht durch Behörden allerdings gewährleistet werden, da es sich um öffentliche Gelder handelt.

    • Einen Modus, um Prototypen aus der Civic-Tech-Community in Behörden zu bringen und so zu ihrer Verstetigung beizutragen.

    • Förderung des digitalen Ehrenamts, um das Engagement der Civic-Tech-Community zu würdigen, zu vereinfachen und auf eine solide gesellschaftliche Grundlage zu stellen. Dafür braucht es die Bereitstellung öffentlicher Räume und digitaler Infrastruktur.

    Der Beitrag wurde in einer längeren Version bereits am 9. März 2020 auf binary butterfly veröffentlicht.