Entscheidungsstrukturen entwickeln - Wie wir unsere Zusammenarbeit organisieren

In diesem Artikel zeigen wir, wie wir uns intern organisieren. Wir beschreiben unsere Strukturen, mit denen wir Mitbestimmung fördern und Macht verteilen.
In unserer inhaltlichen Arbeit streben wir nach einer demokratischen, nachhaltigen und resilienten Zukunft, die auf Offenheit, Teilhabe und Transparenz basiert. Damit wir dem Anspruch auch innerhalb unserer Organisation gerecht werden, müssen wir unsere interne Zusammenarbeit gut organisieren: Wir brauchen ein solides Governance-Modell.
Ein Governance-Modell ist ein Plan dafür, wie Menschen in einer Gruppe Entscheidungen treffen. Es regelt Fragen wie: Wer darf was entscheiden? Wer ist wofür verantwortlich?
Unser Governance-Modell soll unsere Werte ausdrücken und zu unseren komplexen Strukturen passen.
Das aktuelle Governance-Modell der OKF (2025)
Struktur: Verein, Team, Projekte & Communities
Mitgliederversammlung und Vorstand (Board) sind unsere satzungsgemäßen Vereinsorgane nach deutschem Recht. Die Mitgliederversammlung tagt einmal jährlich. Unser ehrenamtlicher Vorstand berät zur Strategie, gibt inhaltliche Impulse, kontrolliert und unterstützt die Geschäftsführung.
Der Bereich der Geschäftsführung besteht aus der Geschäftsführerin und einem kleinen Team, das sich um organisationsweite Finanzen, Personal, technische Infrastruktur und Organisationsentwicklung kümmert. Darüber hinaus arbeitet das Geschäftsführungs-Policy Team an Open Data und demokratischer Digitalpolitik, z. B. mit anderen Organisationen im Bündnis F5. Sie stellen regelmäßig inhaltliche Forderungen an die Politik und veröffentlichen u. a. Positionspapiere. Der Bereich der Geschäftsführung führt Erkenntnisse und Erfahrungen aus allen Projekten zusammen und leitet strategische und operative Maßnahmen ab.
Der überwiegende Teil der Kolleg:innen arbeitet bei unseren großen Projekten FragDenStaat, Jugend hackt und Prototype Fund. Diese Bereiche sind eigenständig unterwegs: Sie haben eine starke Identität, eigene Communities, beschaffen ihre Gelder selbst, setzen sich strategische Ziele und entscheiden über ihr Personal. Wie sich die Entscheidungsbefugnisse zwischen Geschäftsführung und Projektleitung abgrenzen, haben wir in einem Leitfaden verschriftlicht. Die großen Projekte sind teilweise wie Organisationen-in-der-Organisation. Zusätzlich gibt es auch kleinere Projekte, z. B. zu Offener Bildung und Hardware, und das Netzwerk Code for Germany.
In unseren diversen Communities gibt es viele Menschen, die nicht Teil unserer Organisation, aber integraler Teil unseres Alltags sind: langjährige Projektpartner:innen, engagierte Ehrenamtliche, Unterstützer:innen, nationale und internationale Netzwerke.
Instrumente zur Mitbestimmung
Um Mitgestaltung auf allen Ebenen zu ermöglichen, Projekte zu stärken und die Geschäftsführung zu entlasten, haben wir projektübergreifende Gremien eingerichtet.
Der Personalentwicklungszirkel behandelt Anliegen zu Zusammenarbeit im Büro, Organisationsklima, Teamaktivitäten, Fortbildungen und Arbeitnehmer:innen-Leistungen. Im Kommunikationszirkel tauschen sich Kommunikationsverantwortliche aller Projekte regelmäßig zu Kampagnen, Öffentlichkeitsarbeit und Tools aus.
Jeder Zirkel hat rund sechs freiwillige Mitglieder (alle großen Projekte und der Bereich der Geschäftsführung sind vertreten) und trifft sich rund alle zwei Wochen für eine Stunde im Büro oder online. Die Zirkel haben das Mandat, kleine Entscheidungen selbst zu treffen, z. B. Regeln zur Zusammenarbeit im Büro aufzustellen. Für größere Themen und Entscheidungen mit finanzieller Auswirkung bereitet der Zirkel eine Entscheidungsgrundlage vor. Die Zirkel-Mitglieder bündeln Anfragen und Wünsche aus dem Team, erarbeiten Vorschläge und leiten sie an die zuständigen Stellen weiter, beispielsweise an die Geschäftsführung oder das Entscheidungsforum (mehr dazu siehe unten).
In unserer Erfahrung funktionieren die Zirkel gut als Peer-to-Peer Lernraum, Austauschraum zwischen Projekten, Innovationstool und Kriseninstrument. Die Zirkel eignen sich aber nicht, um laufende, kritische Infrastruktur zu betreuen oder große konzeptionelle Arbeiten zu tragen. Dafür braucht es dedizierte Stellen, die bei uns im Team der Geschäftsführung angesiedelt sind.
Das Entscheidungsforum trifft organisationsübergreifende Entscheidungen, die über den direkten Zuständigkeitsbereich der Geschäftsführung hinausgehen, etwa zu Vorschlägen aus Zirkeln oder zu großen Projektanbahnungen. Es besteht aus leitenden Vertreter:innen aller Bereiche und der Geschäftsführung. Das Gremium kann asynchron schriftlich abstimmen oder sich zu einem Call treffen.
Anleitungen und Austausch
Wir haben eine Reihe von Policies und Richtlinien. Dazu gehört unser Verhaltenskodex (Code of Conduct) und unsere Whistleblowing Policy.
In unserem internen Handbuch und dazugehörigen Anleitungen halten wir so viel Informationen wie möglich schriftlich fest: vom Kontakt unseres Hausmeisters über Best-Practices für Förderanträge bis hin zur Übersicht über unser Gehaltsmodell. Das Team der Geschäftsführung pflegt das Handbuch, aber jedes Teammitglied kann darauf zugreifen, Fehler ausbessern und ergänzen (und gleich bei Bedarf den Hausmeister verständigen, wenn z. B. eine Deckenlampe im Konferenzraum kaputt ist). Damit entlasten wir unser kleines administratives Team, machen Wissen personenunabhängiger und helfen neuen Kolleg:innen, sich schneller zurechtzufinden.
Wir haben spezielle Austauschformate, um unsere Organisationskultur zu pflegen, zu diskutieren und Stimmungsbilder einzuholen: Wir lernen voneinander beim Know-Lunch, besprechen komplexe Fragestellungen in einem Diskussionsforum, und fahren gemeinsam ins Grüne auf dem jährlichen OKF Team-Retreat.
Unsere inneren Strukturen sind nie fertig, sie entwickeln sich mit uns weiter. Wir müssen uns kontinuierlich reflektieren und anpassen. Wenn dieser Artikel fertig ist, sind wir vielleicht schon daran, etwas Neues auszuprobieren.
Warum das alles?
Ein gutes Governance-Modell…
… bildet unsere Komplexität ab. Wir haben autarke Projektteams, viele Netzwerke, Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen und diverse Communities. Die einzelnen Elemente in unserem Governance-Modell helfen uns, alles zu koordinieren und die Organisation als Ganzes zusammenzuhalten.
… verteilt Macht. Das Modell verteilt Entscheidungsmacht, verringert Abhängigkeiten von Einzelpersonen und erlaubt Entscheidungen auf breiter Wissensbasis.
… ist resilient. Vielfältige Instrumente helfen uns, schnell auf Veränderungen wie neue Projekte, Krisen oder Vertrauensfragen zu reagieren.
… entwickelt sich weiter. Governance ist ein Werkzeug, das wir immer wieder hinterfragen, evaluieren und anpassen. Es ist ein lebendiger Rahmen, der sich mit uns bewegt, statt uns festzuhalten.
… schont Ressourcen. Das Modell spart Zeit und Energie, weil wir nicht jede Entscheidungsfindung neu verhandeln müssen, sondern auf bestehende Strukturen und Abläufe zurückgreifen können.