Das EnVKG darf die Zivilgesellschaft nicht benachteiligen
Aktuell laufen die Stellungnahmen zum Entwurf des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetz (EnVKG). Bis zum 26.09., 18 Uhr können noch Stellungnahmen eingereicht werden. Wir veröffentlichen unsere Position bereits heute.
Das Gesetz soll einerseits EU-Recht national umsetzen und will andererseits zivilgesellschaftlichen Reparateuren Zugang zu reparaturrelevanten Informationen und Ersatzteilen verschaffen. Damit würde ein entscheidender Schritt getan werden, um die Vielfalt an Reparaturakteuren – von wirtschaftlich tätigen Betrieben bis hin zu ehrenamtlich getragenen Initiativen – gleichberechtigt einzubeziehen und ihre Rolle im Reparaturökosystem zu stärken. Das ist längst überfällig, denn der Erhalt von Produkten ist eine riesige Aufgabe, die nicht ohne eine kompetente Zivilgesellschaft zu leisten ist.
Doch der aktuelle Entwurf wird dieses Ziel verfehlen, wenn nicht nachgebessert wird. Aktuell stell der Entwurf das klassische Handwerk über Reparaturinitiativen, wie Repair Cafés und benachteiligt diese bei der Erlangung von Ersatzteilen und technischen Informationen. Das muss geändert werden!
Rechtsverbindlichkeit schaffen
Wir sehen große Defizite in der rechtlichen Ausgestaltung und damit die Gefahr, dass die angestrebte rechtliche Klarstellung für die Gleichbehandlung hinsichtlich der Zugänge zu reparaturrelevanten Informationen und Ersatzteilen für nicht-gewerbliche Reparateure verfehlt wird. Denn die entscheidenden Details, die die beschriebene Anerkennung und den Zugang zu Ersatzteilen und reparaturrelevanten Informationen ermöglichen, finden sich nicht im Gesetzesentwurf selbst, sondern lediglich unter „B. Besonderer Teil“. Das ist problematisch, da Gerichte zwar die Gesetzesbegründungen zur Auslegung unklarer Begriffe heranziehen können, sie sind aber nicht unmittelbar daran gebunden. Zudem schafft es eine uneindeutige Situation für Reparaturinitiativen und andere zivilgesellschaftliche Akteure gegenüber Herstellern. So wird unter §15 Absatz 6 zwar klargestellt, dass nicht-gewerblichen Reparateuren der Zugang nicht verwehrt werden darf. Allerdings handelt es sich hierbei nur um den Zugang zu nach §10 Absatz 2 definierten sogenannten „Ressourceneffizienz-Anforderungen“. Diese beinhalten nicht den Zugang zu reparaturrelevanten Informationen und Ersatzteilen. Zwar wird im „Besonderen Teil“ zu §15 Absatz 6 kommentiert, dass reparaturrelevante Informationen und Ersatzteile nicht-gewerblichen Reparateuren nicht vorenthalten werden dürfen. Im Gesetzesentwurf selber steht das allerdings nicht. Dort haben nach §15 Absatz 1 nur fachlich kompetente Reparateure Zugang zu diesen Ressourcen. Dabei ist unklar, wie nicht-gewerbliche Reparateure ihre Kompetenz unabhängig von Handwerksordnungen und –register nachweisen können, um als fachlich kompetente Reparateure anerkannt zu werden. Dazu heißt es weiter im „Besonderen Teil“ zu §15 Absatz 3, dass nicht-gewerbliche Akteure eine „freiwillige Stelle“ für die Registrierung durch die Zivilgesellschaft schaffen können. Unklar ist allerdings, wer hier als Zivilgesellschaft anerkannt auftreten kann und welche Rahmenbedingungen für die Anerkennung einer solchen Stelle vorliegen.
Um Reparaturinitiativen sowie private Reparateure rechtsverbindlich zu stärken und ihnen reparaturrelevante Informationen und Ersatzteile zuzusichern, sollte eine der folgenden Varianten umgesetzt werden:
- Entweder (Alt. 1, bevorzugte Alternative) das Gesetz stellt klar, dass auch nicht-gewerbliche Reparateure Zugang zu Ersatzteilen haben können, und zwar ganz unabhängig davon, ob sie zugleich „fachlich kompetente Reparateure“ sind. Dazu sollte der folgende Wortlaut aus dem „B. Besonderen Teil“ zu §15 Absatz 6 übernommen werden: „Es wird mit dieser Vorschrift gegenüber den Herstellern, deren Bevollmächtigte oder Einführer klargestellt, dass nicht-gewerblichen Reparateuren, bei Nachweis eines geeigneten Versicherungsschutzes nach Absatz 1 Nummer 3 (der die Haftung im Zusammenhang mit ihrer Reparatur-Tätigkeit abdeckt), der Zugang zu den für fachlich kompetenten Reparateuren vorgesehenen Ersatzteilen und Informationen nicht verwehrt werden darf.“
- Oder (Alt. 2) nicht-gewerbliche Reparateure sollten gleichbedeutend mit „fachlich kompetenten Reparateure“ sein. Aktuell spricht das „hingegen“ in § 2 Abs. 1 Nr. 12 dagegen. Dafür spricht die Begründung zur Definition von „fachlich kompetenter Reparateur“ in § 2 Abs. 1 Nr. 11 („Der Begriff umfasst dabei verschiedene Personenkreise, die sich durch die Vorlage der in § 15 Absatz 1 beschriebenen Nachweise ausweisen können. Hierzu zählen Handwerke, handwerksähnliche Gewerbebetriebe, zulassungsfreie Handwerksbetriebe, nicht-gewerbliche Reparateure oder sonstige Personen.“). Der Entwurf lässt die Interpretation („nicht-gewerbliche Reparateure“ sind bei Nachweis der Kompetenz „fachlich kompetente Reparateure“) nach unserer Sicht jetzt schon zu. Besser wäre aber eine Klarstellung im Wortlaut. Gleichzeitig muss dann klargestellt werden, wie ein Kompetenznachweis unabhängig von offiziellen Handwerksregistern und Handwerksordnungen aussehen kann. Aktuell ist das zu vage gehalten.
Im Sinne des Bürokratieabbaus wäre es, wenn sich das Gesetz auf die Kategorie der professionellen Reparateure beschränkt und sich Reparateure alleine durch einen Versicherungsschutz oder durch die Tätigkeit nach der Handwerksordnung als „professionell“ ausweisen können und damit Zugang zu Ersatzteilen und reparaturrelevanten Informationen erhalten. Uns ist kein Argument bekannt, wieso zusätzliche Hürden notwendig sind.
Open Source als Methode für langlebige Produkte
Der Zugang zu reparaturrelevanten Informationen und Ersatzteilen ist ein Mindestmaß. Für eine effektive Kreislaufgesellschaft muss Technologie grundsätzlich neu gedacht werden. Auf diesen Umstand haben wir bereits zu anderen Anlässen zahlreich hingewiesen, wie z.B. zur NKWS oder zum sogenannten Recht auf Reparatur.
Zur Stellungnahme der Open Knowledge Foundation und der Open Hardware Allianz