From Software to Society — Openness in a changing world, deutsche Übersetzung

From Software to Society — Openness in a changing world
Die Idee der Openness hat das digitale Zeitalter entscheidend geprägt. Ob Open-Source-Software, offene Standards oder frei lizenzierte Inhalte – viele Grundlagen beruhen auf Prinzipien der Zugänglichkeit, Teilhabe und Transparenz. Offenheit, verstanden als freier Zugang, freie Nutzung, Veränderung und Weitergabe von Wissen, hat sich als Motor für Innovation und gesellschaftlichen Fortschritt etabliert. Doch trotz aller Erfolge scheint das Konzept der Offenheit eine Krise zu durchlaufen. Zwischen politischer Vereinnahmung, ökonomischer Instrumentalisierung und technologischen Umbrüchen gerät der Begriff der Offenheit zunehmend unter Druck und droht zu verwässern. Gründe dafür sind unter anderem widersprüchliche Definitionen, die enorme Machtkonzentration bei wenigen Tech-Konzernen, geopolitische Spannungen und interne Konflikte in Openness-Communities.
Die neue Studie From Software to Society: Openness in a Changing World von Dr. Henriette Litta und Peter Bihr zieht Bilanz und blickt perspektivisch in die Zukunft: Was bedeutet Offenheit im digitalen Zeitalter? Ist das Konzept noch zeitgemäß? Die Studie zeichnet die Entwicklung von Offenheit nach und untersucht aktuelle Herausforderungen. Grundlage sind Interviews mit Expert:innen und umfassende Literaturrecherchen. Die wichtigsten Kenntnisse auf einen Blick sind:
Offenheit braucht einen Sinn.
Gerade in Zeiten zunehmender Ungerechtigkeit, Überwachung und Machtmonopolen braucht es klare Rahmenbedingungen für eine sinnvolle Openness, denn diese fehlen jedoch oft. Unternehmen vermarkten „offene“ Produkte, ohne eine Mitgestaltung zu ermöglichen. Politische Akteur:innen berufen sich auf Offenheit, ohne eine demokratische Kontrolle zu stärken. Besonders deutlich zeigt sich das im Umgang mit KI. KI-Systeme sind komplex und werden oftmals von wenigen Tech-Konzernen dominiert – was ihre Öffnung zu einer grundlegenden Herausforderung macht. Auch wird die Dominanz jeder Tech-Konzerne massiv ausgenutzt, was zur Zensur anderer Meinungen führen kann.
Offenheit braucht Schutzvorkehrungen.
Wer Offenheit fordert, muss auch bereit sein, sich in politische Auseinandersetzungen einzumischen – etwa gegen Marktmonopole. Hier braucht es laut Litta und Bihr neue Lizenzmodelle, die Rückgabe- und Teilungspflichten beinhalten, sowie eine striktere Durchsetzung von Kartellrecht und Datenschutz. Offenheit braucht also Regeln.
Offene Innovationen und Infrastrukturen erfordern Investitionen.
Gleichzeitig betonen die Autor:innen, dass Openness aktive Förderung braucht. Ohne gezielte Investitionen in offene Infrastrukturen, Bildungsinitiativen und unabhängige Forschung kann sich das Konzept nicht gegen profitorientierte Systeme behaupten. Es braucht eine gemeinwohlorientierte Förder- und Digitalpolitik, die Offenheit nicht nur als Technologie-, sondern als Gesellschaftspolitik begreift. Wir brauchen eine digitale Transformation, die alle Menschen mitnimmt.
Offenheit ist nicht neutral.
Die Studie zeigt eindeutig, dass Offenheit kein neutraler Begriff ist. Der Bericht ist ein großer Appell an alle Aktivist:innen, Förderinstitutionen und die Politik: Wer an Openness festhalten will, muss ihre Bedingungen neu verhandeln und Haltung zeigen.
Monopole müssen eingeschränkt werden.
Ohne inhaltliche Schärfung und strukturelle Erneuerung droht Openness zu einer leeren Hülle zu werden – oder im worst case: zu einer Fassade für alte Machtverhältnisse im neuen Gewand. Offenheit war nie ein Selbstläufer und sie war nie unpolitisch. Daher müssen Menschen an entsprechenden Stellen ihre Ressourcen nutzen und Kenntnisse einbringen. Openness lebt von der Zivilgesellschaft, die sich einbringt.
Fazit
Die Studie fordert klare gesellschaftliche Ziele statt unspezifischer Vorstellungen, sie unterstreicht die Notwendigkeit von Schutzmechanismen wie faire Lizenzen und Share-Back-Modellen, gezielte Investitionen in gemeinwohlorientierte Innovation – und vor allem: eine politische Haltung, die sich aktiv gegen Machtkonzentration stellt. Dr. Henriette Litta betont deutlich: „Von Open Access zu Open Source – Openness ist ein starker und historisch bedeutender Motor für digitale Transformation. Wir brauchen aber jetzt ein Update des Konzeptes, damit es auch in einem radikal veränderten politischen Umfeld relevant bleibt.“
Hier kommt ihr zur gesamten Publikation auf Deutsch. Die englische Version findet ihr auf unserer Website.
Veranstaltung
Hier noch ein Veranstaltungshinweis: Die Studie wird am 12.06.2025 um 12:00 Uhr CEST (10:00 UTC) in einem Expert:innengespräch von Dr. Henriette Litta & Peter Bihr präsentiert. Am Gespräch teilnehmen werden außerdem: Renata Ávila, Nurunnaby Chowdhury, Hille Hinsberg & Oluseun Onigbinde. Mehr dazu erfahrt ihr bald auf unserem Blog!