Die Zukunft der Digitalpolitik 2/3: Handlungsfähigkeit stärken & Vertrauen zurückgewinnen
Unsere Forderungen zur Bundestagswahl 2025
Unsere Forderungen zur Bundestagswahl 2025 gruppieren sich um drei Kernaspekte, deren Umsetzung für eine demokratische, nachhaltige und resiliente Zukunft unabdingbar sind. Dies ist der zweite von drei Blogbeiträgen, in denen wir diese zentralen Aspekte näher beleuchten. Hier kommt ihr zum ersten Blogbeitrag.
Bei der dringend benötigten Modernisierung der bürokratischen Prozesse muss es im Kern um einen handlungsfähigen Staat gehen, der nachvollziehbar transparent arbeitet. Teil davon sind eine funktionierende IT-Infrastruktur sowie ein barrierefreier Zugang zu staatlichen Informationen und Dienstleistungen. Zudem mehr partizipative Prozesse vor allem dort, wo Bürger:innen im direkten Kontakt mit der Verwaltung sind: in den Kommunen.
Die Kommunen dürfen bei der digitalen Transformation ihrer Strukturen nicht alleingelassen werden. Hier gilt es, Unterstützungsleistungen auszubauen und mehr aus den Erfahrungen der engagierten Menschen vor Ort zu schöpfen. Angesichts der knappen Mittel der Kommunen muss auch die Frage gestellt werden, welche Aufgaben abgegeben werden können und wo zentrale Vorgaben sinnvoll sind.
Ein handlungsfähiger Staat gewinnt Vertrauen in demokratische Institutionen zurück
Gerade im Angesicht der sich ausbreitenden autoritären Kräfte muss die Handlungsfähigkeit im Mittelpunkt der Transformation von Staat und Verwaltung stehen. Bürger:innen müssen sich auf das Funktionieren von staatlichen Dienstleistungen verlassen können und das Vertrauen in die Institutionen wieder gestärkt werden. Neben einer zeitgemäßen IT-Architektur gehört dazu auch ein Staat, der weniger auf Herrschaftswissen setzt, sondern proaktiv informiert. Eine offene Regierungsführung dient dabei gleichermaßen der technischen Modernisierung von Verwaltungsprozessen wie der Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns.
Dazu gehört die bereitwillige Veröffentlichung staatlicher Informationen, die in einem Transparenzgesetz des Bundes festgeschrieben werden sollte. Transparenz ist zentral für das Funktionieren einer Demokratie und darf nicht als nice-to-have in guten Zeiten angesehen werden. Im Rahmen einer Novellierung des E-Government-Gesetzes kann ein Rechtsanspruch auf Open Data dafür Sorge tragen, dass Daten aus der Verwaltung standardmäßig nach den FAIR-Prinzipien veröffentlicht werden - maschinenlesbar und über offene Schnittstellen automatisiert abrufbar. Aus den sich daraus ergebenen hochwertigen offenen Daten profitieren nicht nur Dritte. Schon jetzt ist die Verwaltung häufig Nutznießende von Open Data – je mehr die Datenbestände selbst für die eigenen Zwecke genutzt werden, und etwa auch in einer stärker datengetriebenen Politikgestaltung münden, umso besser ist auch deren Qualität und die Akzeptanz für offenes Regierungshandeln.
Einen wichtigen Beitrag zu einer besseren Bereitstellung öffentlich finanzierter Daten könnte dabei die Modernisierung des §5 des Urheberrechtsgesetzes leisten. Mit einer möglichst weitgefassten Definition davon, was ein amtliches Werk ist, könnten viele Nutzungs- und Lizenzunsicherheiten bereits von Vornherein ausgeräumt werden.
Digitalpolitik ist Gesellschaftspolitik
Digitalvorhaben des Bundes werden oft als undurchdringbare technokratische Projekte wahrgenommen, die ohnehin nur von einer kleinen Gruppe verstanden werden. Hier muss dringend mehr und besser kommuniziert werden – denn Digitalpolitik ist auch Gesellschaftspolitik. Dazu zählt eine bessere Einbeziehung auch derjenigen Menschen, die später die Plattformen oder Leistungen nutzen, z. B. durch Usertests und Fokusgruppen. Insbesondere die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen ist hervorzuheben. Ihr Einsatz sollte stärker gewürdigt werden – etwa mit angemessenen Aufwandsentschädigungen und Stellenkapazitäten für Community-Management in den Verwaltungen.
Über Digitalvorhaben hinaus muss das Gesetzgebungsverfahren insgesamt modernisiert werden. Hier gibt es einige Stellschrauben, die den Prozess nachvollziehbarer machen könnten. Gesetze sollen strukturiert digital veröffentlicht und Synopsen verbindlich bereitgestellt werden. Der Gesetzesprozess beginnt dabei schon mit Eckpunkten und nicht erst, wenn ein Entwurf zu einer offiziellen Drucksache wird. In Anbetracht der ungleichen Mittel zwischen Wirtschaftsvertretungen und der Zivilgesellschaft, darf die Frist für die Verbändebeteiligungen vier Wochen nicht unterschreiten.
Starke Kommunen als Schlüssel für ein funktionierendes Gemeinwesen
Kommunen sind der Ort, an dem Menschen direkt mit dem Staat in Kontakt treten. Hier wird unmittelbar erlebbar, wie der Staat funktioniert und wie eine aktive Teilhabe an der Gestaltung des Gemeinwesens für Menschen organisiert ist – aber es bleibt auch nachdrücklich in Erinnerung, wenn Dinge nicht funktionieren. Gerade bei Fragen der digitalen Transformation sind Kommunen oft auf sich alleine gestellt und stehen vor großen Herausforderungen, die sie häufig ohne Unterstützung nicht bewältigen können.
Dabei muss nicht jede der über 11.000 Kommunen in Deutschland über eine maßgeschneiderte Softwarelösung für gängige Prozesse verfügen – aber es braucht mehr Unterstützung, um Kompetenzen aufzubauen, die zumindest informierte Entscheidungen über öffentliche Ausschreibungen ermöglichen. Ein Faktor wäre hier auch der organisierte Austausch über Best Practices und mehr kommunale Kooperationen. Im Fokus muss die Bereitstellung von tragfähigen und sicheren IT-Strukturen liegen, für die nicht nur die klammen Kommunen selbst alleine zuständig sein sollten. Hierzu können auch auch zentrale Vorgaben beitragen.
Ein wichtiger Faktor für die Entwicklung nachhaltiger Lösungen für lokale Herausforderungen ist die Einbindung engagierter Menschen vor Ort. Statt in regelmäßigen Zyklen das Rad neu erfinden zu wollen oder auf kommerzielle Innovationsversprechen zu setzen, sollte stärker auf ihre Erfahrungen zurückgegriffen werden. Das Wissen der engagierten Menschen ist ein längst bekannter Erfolgsfaktor für Digitalisierungsprojekte, der institutionell durch partizipative Formate und Prozesse eingebunden werden kann. Die langfristige Finanzierung von Infrastrukturen sollte zudem Vorrang vor dem x-ten Leuchtturmprojekt haben, das an den Bedürfnissen vorbei zielt. Staatliche Förderstrukturen sollten dies adäquat unterstützen, z. B. indem sie bei der Stärkung des digitalen Ehrenamts dem Grundsatz folgen: weniger Projektförderung, mehr Strukturförderung.
In unserem nächsten Blogbeitrag erfahrt ihr mehr über unsere Forderung: Demokratie schützen & Zivilgesellschaft stärken. Hier geht es zu unserer gesamten Publikation.