Unruhe als Strukturprinzip - Die Arbeit im Beirat Digitalstrategie der Bundesregierung geht zu Ende

    KlausurDigitalbeirat2023

    Unruhe als Strukturprinzip: Die Arbeit im Beirat Digitalstrategie der Bundesregierung geht zu Ende

    Nach zwei Jahren endet nun die Arbeit des Beirats Digitalstrategie der Bundesregierung. Dort war ich mit Mitglied der Gruppe der Zivilgesellschaft (neben Wissenschaft und Wirtschaft). Den 19 Leuchtturmprojekten aus der Digitalstrategie sollten wir Beiräte mit hilfreichen Tipps zum helleren Leuchten verhelfen. Und? Den Titel „Leuchtturm“ wird zumindest keines der Projekte vermissen.

    Wir haben viel Unruhe gestiftet. Im Digitalministerium hat man die Eigendynamik des Beirats wahrscheinlich nicht so kommen gesehen. Wir haben uns unsere Aufgaben selbst gesucht und überlegt, wie wir mit den einzelnen Projekten umgehen wollten. Mit strukturierten Leitfragen, vielen Vorgesprächen und Projektpatenschaften haben wir versucht, so tief wie möglich in die einzelnen Vorhaben einzutauchen, um nicht nur wohlige Ratschläge von der Außenlinie beizusteuern. Ungewohnt war es wohl, wie interessiert, sachorientiert und offen wir mit den Leuchtturmprojekten gesprochen haben. Am Ende zeigte sich deutlich, dass alle profitieren, wenn Neues gewagt wird: Wir haben den Beirat so geformt, dass ein großer Vertrauensraum zwischen uns und den Digitalprojekten entstanden ist. Ein Raum, in dem offene Gespräche, ehrlicher Austausch und auch deutliche Kritik möglich wurden. So konnten wir oftmals zu den wirklichen pain points vordringen und nach Lösungen suchen. Aber:

    Lösungsansätze, um bessere (!) Digitalvorhaben besser (!) umzusetzen, liegen oft jenseits der Vorhaben selbst: klare politische Ziele, Rückenwind aus der Leitungsebene, passende Kompetenzen für die Umsetzung im Team, ausreichendes Budget und Verstetigungsperspektiven, Qualität im Outcome statt Quantität im Output. Leider sind es nur sehr wenige Vorhaben, die unter diesen Bedingungen arbeiten. Manche erkennen das selbst, andere nicht.

    Zu Beginn meiner Beiratsarbeit habe ich auf LinkedIn geschrieben, dass es mir insbesondere darum gehen soll, über die einzelnen Projekte hinauszuschauen und zu fragen: Werden mit den gewählten Projekten überhaupt die richtigen Schwerpunkte gesetzt? Trägt die digitale Transformation dazu bei, mehr Transparenz, Teilhabe, Gerechtigkeit für alle Menschen zu fördern? Sind denn die Voraussetzungen da, um Digitalvorhaben nachhaltig zu realisieren? Ich denke, da sind wir noch lange nicht, aber zumindest sind diese Fragen manchmal Teil des allgemeinen Diskurses über die digitale Transformation (meist, wenn Personen von unabhängiger Stelle dies einfordern und dafür schräge Blicke erhalten). In einer nächsten Digitalstrategie muss es genau um die Adressierung dieser Fragen gehen.

    Es muss klar benannt werden, was politisch mit einem Vorhaben erreicht werden und wie konkret das Vorhaben diese Ziele erreichen soll. Dann könnte es besser gelingen, mehr Menschen von guten Digitalprojekten zu überzeugen und die Akzeptanz für sie zu erhöhen, was wiederum den Einsatz und somit den angestrebten Nutzen wahrscheinlicher macht. Darüber hinaus ist es auch für das Vorhaben selbst wichtig, immer wieder verortet zu werden: Sind die Ziele noch im Blick?

    Ganz Beirats-typisch geht die Arbeit mit einem Abschlussbericht nun zu Ende. Ob dieser in Ablage P verschwindet, entscheiden andere. Hier geht’s zum Bericht: https://www.digitalstrategie-deutschland.de/medien/.