Globale Anstrengungen zur Stärkung von Open Source Ansätzen – Eindrücke von der OSPO-Konferenz bei den Vereinten Nationen
Letzte Woche fand die zweite Auflage der Konferenz Open Source Programme Offices for Good (#OSPOsForGood) in New York statt. Auf Einladung der Vereinten Nationen (UN) reisten etwa 450 Open-Source-Enthusiast:innen aus aller Welt an - ein Riesenerfolg für die Veranstalter:innen, waren es 2023 noch rund 80 Teilnehmende. Es ging um nichts weniger als die Rolle von Open Source Software für die Erreichung der Sustainable Development Goals - also Weltrettung, Kernaufgabe der UN.
Die Vereinten Nationen haben das Thema Open Source Software erst vor Kurzem für sich entdeckt. Spät, aber dafür mit spürbarem Enthusiasmus über viele UN-Organisationen und Programme hinweg. Die positive Aufbruchstimmung war allgegenwärtig. Inhaltlich gab es allerdings wenig Neues zu erfahren. Auch war der UN-Konferenz-Stil gewöhnungsbedürftig - salbungsvolle Grußworte, pathetische Visionen vom Weltfrieden und globale Call-to-Actions für ein besseres Miteinander reihten sich aneinander. Sessions für Interaktion und Diskussion gab es leider nicht. Es war dennoch eine spannende Veranstaltung, die sich für uns aus mehreren Gründen gelohnt hat.
Wenn die Vereinten Nationen einladen, kommen alle (die es sich leisten können)
Die Konferenz zählte Teilnehmende von Regierungsvertretenden, internationalen Organisationen, Wissenschaftler:innen, Tech-Communities, Stiftungen, Think Tanks, Wirtschaftsvertretern, Aktivistinnen - und aus vielen Ländern der Welt. So vielfältige Stakeholder und Interessengruppen kommen selten zusammen, um Tech-Themen zu besprechen. Der Austausch und die Vernetzung über Sektoren und Ländern hinweg ist ein sehr relevantes Element für die Stärkung einer wünschenswerten globalen Open-Source-Bewegung. Dieses Potenzial zum Vernetzen müssen die Vereinten Nationen noch besser nutzen (beispielsweise durch Kaffeepausen, interaktive Breakout-Sessions, geteilte Liste der Teilnehmenden). Für Interessierte aus der Zivilgesellschaft sollte es zudem Reisekostenstipendien geben, um eine Teilnahme zu ermöglichen.
Open Source Software ist viel mehr als Code
Es ging bei der Konferenz ausschließlich um das große Ganze. So konsequent wie selten auf Konferenzen über Tech-Themen wurde über die Rolle von Open Source Software als ein Baustein für die Erreichung von Menschheitszielen diskutiert. Kein Abdriften ins technische Kleinklein, kein Gedöns über höhere Effizienz und niedrigere Kosten durch offene Software. Nein, die UN schaffen es, die Story von Open Source Software groß zu erzählen: Offene Software ist wichtiger Teil einer Lösung, die Erreichung der Sustainable Development Goals. Diese Erzählung ist notwendig und hilfreich dabei, Open Source aus der Tech-Szene in die politische Sphäre zu holen - und zwar auf großer Weltbühne. Open Source Software ist eben viel mehr als nur Code. Software ist ein Spiegel unserer Gesellschaften und prägt unser Zusammenleben in ungeahntem Ausmaß - „software is eating the world“ heißt es oft. Was wir in Code packen, ist relevant für uns alle, es ist entscheidend dafür, wohin wir uns als Gesellschaften entwickeln und welche Prioritäten wir setzen. Die Analogien zwischen den Zielen und Werten der Open-Source-Community und denen der UN - inklusiv, partizipativ und kollaborativ arbeiten, Nachhaltigkeit fördern, langfristige Lösungen forcieren, adaptierbare Ansätze für lokale Communities fördern, Selbstwirksamkeit stärken und Kompetenzaufbau betreiben - liegen auf der Hand. Es ist fast schon überraschend, dass die Vereinten Nationen dieses Thema erst jetzt für sich entdeckt haben.
Langsam, aber langfristig orientiert
Die vielen hochrangigen Vertretet:innen der Vereinten Nationen und ihrer vielen Programme und Unterorganisationen machen sehr deutlich, dass das Engagement ernst gemeint und die Konferenz nur ein Anfang ist. Angestrebt und geplant ist ein langfristiges Commitment für Open Source Software und der langfristige Aufbau der dafür notwendigen Infrastruktur. Daran arbeiten UN-Agencies jetzt unter Hochdruck. Dies macht Hoffnung, dass dadurch weltweit und in der nahen Zukunft Bewegung entsteht.
Für das nächste Mal: Mehr in die Tiefe gehen
Konferenzen sind immer auch Orte der Selbstvergewisserung. Es zeigte sich, dass eine Vielzahl von Teilnehmenden quer durch alle Sektoren vor ähnlichen Herausforderungen bei der Umsetzung von Open-Source-Ansätzen stehen: Die Suche nach guten und skalierbaren Beispielen, der interne Kompetenzaufbau, die Überwindung des Silo-Denkens, die fehlenden Modelle für die langfristige Finanzierung von Infrastruktur und die fehlenden internationalen Standards zum Austausch von Daten sind aktuelle Beispiele. Und auch das Dilemma, dass offene Software immer breitere Verwendung findet, aber die Entwicklungs- und Maintenance-Strukturen dahinter nicht gleichermaßen unterstützt und gefördert werden, wurde immer wieder thematisiert. Es bleibt also genug Diskussionsstoff für die nächsten OSPO-Konferenzen.