Engagementstrategie des Bundes: Unsere Forderungen für ein starkes digitales Ehrenamt
Noch in dieser Legislaturperiode soll unter Beteiligung der Zivilgesellschaft eine neue Engagementstrategie des Bundes erarbeitet werden. Die letzte Engagementstrategie stammt noch aus dem Jahr 2010. Es wird also Zeit – denn es hat sich viel getan! Das digitale Ehrenamt ist stark gewachsen und neue Technologien durchdringen mehr und mehr unser Leben. Im Rahmen der Verbändebeteiligung haben wir gemeinsam im Bündnis F5 eine Stellungnahme eingereicht. Hier sind unsere zentralen Forderungen:
Anerkennung, Wertschätzung und Förderung des digitalen Ehrenamts:
Digitale Ehrenamtsformen erhalten im Vergleich zum traditionellen Ehrenamt zu wenig Aufmerksamkeit, Anerkennung und politische Unterstützung. Das derzeit vorherrschende Modell der Projektfinanzierungen wird den Bedarfen von ehrenamtlichen Strukturen und den digital Engagierten nicht gerecht. Es braucht mehr Strukturförderung – beispielsweise durch die Bereitstellung von Räumlichkeiten, die von Ehrenamtlichen selbstbestimmt bespielt werden können. Bei der Bereitstellung von niedrigschwelligen finanziellen Förderinstrumenten für Einzelpersonen können die Erkenntnisse des Programms Prototype Fund genutzt werden. Zudem braucht es Angebote und Fördermöglichkeiten für Ausrüstung (Hardware, Software, Serverkapazitäten) sowie für Schulungen und Weiterbildungen.
Wissenstransfer und Technikfolgenabschätzung durch zivilgesellschaftliche Expert:innen
Die Engagementstrategie sollte nicht nur Maßnahmen für den Engagementsektor entwickeln, sondern auch Expertise aus dem Engagementsektor für gesellschaftspolitische Fragen nutzen. Expert:innen der digitalen Zivilgesellschaft sollten stärker bei Fragen zum Einsatz neuer Technologien einbezogen werden (Technikfolgenabschätzung). Dies erhöht die Akzeptanz von Technologien und stärkt das Vertrauen zwischen Staat und Bürger:innen. Dafür müssen mehr Ressourcen für den Wissenstransfer aus dem Digitalen Ehrenamt aufgebracht werden. Dieser Austausch muss sich an den Bedürfnissen der Ehrenamtlichen orientieren, insbesondere was die zeitliche Verfügbarkeit angeht.
Civic Tech als Demokratie-Infrastruktur anerkennen
Engagierte entwickeln Anwendungen zur Gestaltung demokratischer Prozesse, zum Informations- oder Meinungsaustausch. Viele dieser Tools sind als Demonstration gedacht, wie der Staat selbst seine Informationen in viel besser nutzbarer Form aufbereiten und veröffentlichen könnte. Es bedarf wirksamer Wege, wie diese Werkzeuge und Tools vom Staat selbst übernommen und betrieben werden können und somit Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge werden. Außerdem muss es mehr offene Daten geben, um die Ehrenamtlichen zu ermächtigen, gute Ideen zu entwickeln und Anwendungen zu bauen – dazu braucht es endlich ein progressives Transparenzgesetz des Bundes! Der Grundsatz „Öffentliches Geld, öffentliches Gut“ muss konsequent umgesetzt werden
Demokratieförderung braucht die Reform des Gemeinnützigkeitsrechts
Das dringend reformbedürftige Gemeinnützigkeitsrecht hemmt die Entwicklung einer politisch aktiven Zivilgesellschaft und ihre demokratische Wirksamkeit. Zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich für ihre Satzungszwecke politisch engagieren, brauchen Rechtssicherheit. Der Katalog der gemeinnützigen Zwecke (§ 52 Absatz 2 AO) sollte durch die Aufnahme dringend gebotener Zwecke ergänzt werden, u.a. die Förderung der nationalen und internationalen Grund- und Menschenrechte. In diesen Katalog sollte auch das Engagement und die Betreibung von Freier Software und gemeinwohlorientierten Plattformen, was andere gemeinnützige Vereine fundamental entlastet, aufgenommen werden.
Freiwilligengewinnung durch offene Technologiebildung
Menschen aller Altersgruppen müssen befähigt werden, sich selbstbestimmt und kritisch mit der Nutzung digitaler Medien und Technik auseinanderzusetzen. Diese offene Technologiebildung wird von Digital Ehrenamtlichen unterstützt, indem sie offene Bildungsmaterialien (Open Educational Resources) entwickeln, Workshops geben, erklären, ausprobieren und Technik auseinandernehmen. Sie muss sinnvoll in das Bildungssystem integriert werden. Im Bereich Jugendbildung sollten Fördermaßnahmen mehr auf bestehende, erfolgreiche Projekte setzen, statt immer neue Modellprojekte zu starten. Nur so können haupt- und ehrenamtliches Engagement der digitalen Zivilgesellschaft langfristig gut ineinandergreifen. Für junge Menschen mit digitaler Expertise, die nach dem Schulabschluss einer gemeinwohlorientierten Tätigkeit nachgehen möchten, sollte es bundesweit das Angebot eines Freiwilligen Digitalen Jahres (analog zum FSJ) geben.
Die ganze Stellungnahme ist hier zu finden.
Auf der Website www.zukunft-des-engagements.de haben Engagierte und zivilgesellschaftliche Akteur:innen die Möglichkeit, durch verschiedene Formate ihre Vorschläge und Ideen einzubringen. Der Beteiligungsprozess wird bis Ende des Jahres 2023 andauern.