Ein Transparenzgesetz für Berlin: Volksbegehren startet im Juli
Milliardenschwere Bauvorhaben, Geheimverträge mit der Wirtschaft und Einflussnahme von Lobbyist*innen: Ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen will jetzt Licht ins Dunkel der Berliner Verwaltung bringen. Dafür hat es ein eigenes Transparenzgesetz auf den Weg gebracht, das das Recht auf Informationen des Staates in Zukunft weitreichend stärken soll.
Das Bündnis Volksentscheid Transparenz, zu dem unter anderem die Open Knowledge Foundation Deutschland, Mehr Demokratie, der Chaos Computer Club und die Digitale Gesellschaft zählen, hat dem Senat im April einen Gesetzentwurf vorgelegt, nach dem Berliner Landes- und Bezirksbehörden proaktiv Informationen in einem zentralen Transparenzportal offenlegen müssen. Dazu zählen zum Beispiel Senatsbeschlüsse, Gutachten, Planungsunterlagen, Sponsoring-, Bau- und Umweltdaten sowie der Quelltext von Computerprogrammen der Verwaltung. Verträge über 100.000 Euro, die das Land Berlin oder die Bezirke schließen, müssten einen Monat vor Inkrafttreten veröffentlicht werden. Außerdem sollen Angaben zu Treffen von Regierungsmitgliedern mit Lobbyistinnen im Transparenzregister zu finden sein.
Auskunft für 200 Unternehmen des Landes Berlin
Ist das Bündnis mit seinem Ansinnen erfolgreich, müssten nicht nur mehr Informationen der Verwaltung ins Internet gestellt werden. Auch der Anwendungsbereich des Gesetzentwurfs ist deutlich größer als bisher: So müssten nicht nur klassische Behörden, sondern auch die rund 200 privatrechtlich organisierten Unternehmen des Landes Berlin, darunter Wohnungsunternehmen, Investmentfirmen, die Flughäfen sowie Krankenhäuser, Informationen bereitstellen und Auskünfte erteilen. Bisher sind sie vom Informationsfreiheitsgesetz des Landes ausgenommen. Das sorgt gerade im Zusammenhang mit kontroversen politischen Debatten wie dem teil-privatisierten Schulneubau und der Wohnungsnot in der Hauptstadt immer wieder für Kritik.
Der Gesetzentwurf des Bündnisses basiert auf Erfahrungen mit dem Hamburger Transparenzgesetz. Schon 2012 führte Hamburg als erstes Bundesland ein solches Gesetz ein, das ebenfalls auf eine Volksinitiative zurückging. Zwar vereinbarte die in Berlin regierende rot-rot-grüne Koalition im Jahr 2016, das Berliner Informationsfreiheitsgesetz „in Richtung eines Transparenzgesetzes“ weiterzuentwickeln. Zweieinhalb Jahre später erweckt die Koalition allerdings immer noch nicht den Eindruck, dass sie das Vorhaben gemeinsam umsetzen will.
SPD blockiert
Im Februar hatte die FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus einen Entwurf für ein Berliner Transparenzgesetz eingebracht, der in weiten Teilen den Text des Volksentscheids übernahm. Die Reaktionen der Regierungsfraktionen zeigten, dass vor allem die SPD das Vorhaben blockiert. Die Landesverbände sowohl der Linken als auch der Grünen verabschiedeten auf ihren Parteitagen Anträge für ein Berliner Transparenzgesetz.Mit der Einreichung des Gesetzentwurfs beim Senat muss dieser nun eine amtliche Kostenschätzung über den finanziellen Aufwand erstellen. Diese bildet dann die Grundlage für eine erste Sammlung von 20.000 Unterschriften. Übernimmt das Abgeordnetenhaus anschließend den Gesetzesentwurf nicht, muss das Bündnis Ende 2020 in einer zweiten Sammlung 175.000 Unterschriften innerhalb von vier Monaten sammeln. Im Herbst 2021 käme es dann zum Volksentscheid über den Entwurf fürs Transparenzgesetz, parallel zur kommenden Bundestagswahl.