Digitalisierung in der Jugendarbeit - unsere Erfahrungen mit den Demokratielaboren
Die Digitalisierung ist insbesondere im schulischen und außerschulischen Bereich ein viel diskutiertes Thema - von der Infrastruktur bis hin zu digitalen Kompetenzen. Doch wie wirkt sich die Digitalisierung konkret auf die Jugendarbeit aus? Wo gibt es Bedarfe und Potentiale? Und welche Tools und Methoden funktionieren besonders gut? Im Rahmen der Demokratielabore konnten wir hierzu zahlreiche Erfahrungen sammeln, die wir mit euch teilen wollen.
Als wir mit dem Projekt im Sommer 2017 gestartet sind, stellten wir schnell fest: Materialien und Konzepte mit dem Fokus auf digitale Tools sind in der außerschulischen Jugendarbeit sehr gefragt. Besonders der Ansatz der entwickelten Formate, die einerseits verschiedene gesellschaftspolitische Themen mit andererseits digitalen Methoden und einem spielerischen Ansatz verknüpfen, kam gut an. Bei den verwendeten Tools wurde darauf geachtet, dass sie kostenlos oder kostengünstig zur Verfügung stehen oder die Jugendlichen diese schon besitzen. Die Einstiegshürden sind also gering. Oft konnten wir dafür auch Open Source-Varianten nutzen (z. B. Minetest anstatt Minecraft). Leider gehen frei lizenzierte Tools oft einher mit einer geringeren Benutzerfreundlichkeit, die dann wiederum dem Anspruch an eine niedrige Einstiegshürde entgegen steht. Viel Wert haben wir außerdem darauf gelegt, die Formate und Materialien nachnutzbar sowie adaptierbar aufzubereiten: Alle Materialien stehen unter einer offenen Lizenz und sind skalierbar in Zeit und Teilnehmendenzahl. Das hat es uns und anderen Fachkräften ermöglicht, die Formate in vielen verschiedenen Kontexten und für unterschiedliche Zielgruppen anzubieten.
Die Jugendlichen zeigten bei den Workshops und in den Digital-AGs viel Interesse und Motivation, Neues auszuprobieren und die Inhalte und Formate mit ihren eigenen Themen zu verknüpfen. Sie machten sichtbar wie viel junge Menschen über aktuelle gesellschaftspolitische Herausforderungen nachdenken und (digitale) Lösungsmöglichkeiten entwickeln. Das zeigt einmal mehr: Das Digitale gehört fest zur Lebenswelt der Jugendlichen. Dieser müssen wir mehr Beachtung schenken, digitales Ehrenamt fördern und anerkennen. Denn Jugendliche wollen mitbestimmen und gehört werden - und das nicht erst seit den Fridays-for-Future-Demonstrationen! Wir bemerkten aber auch, wie schwierig es ist, Jugendliche mit unseren Angeboten zu erreichen, die nicht schon in verschiedenen Initiativen engagiert sind. Diese Jugendlichen benötigen eine besondere Ansprache und Empowerment, um Mut und Motivation für neue Angebote zu bekommen. Die Beteiligung Jugendlicher im Projektprozess ist dabei umso wichtiger und braucht viel Zeit, Ressourcen und geeignete Strukturen, z. B. durch Mentoringsysteme, Jugendbeiräte oder Peer-to-Peer-Ansätze mit großem Zeitpuffer und einer gelebten und erlaubten Fehlerkultur.
Insbesondere bei den pädagogischen Fachkräften ist der Bedarf hoch, mehr digitale Kompetenzen zu erlernen, neue Methoden einzusetzen und digitale Tools zu nutzen - das zeigte auch unsere Bedarfsanalyse, die wir im Dezember 2017 durchgeführt haben. Aber auch aktuelle Jugendhilfeplanungen fordern die Vermittlung von digitalen Kompetenzen, insbesondere in Bezug auf Medien. Der Bedarf an digital gestützten Formaten steht also erst am Anfang. Neben diesem allgemeinen Interesse an digitalen gestützten Methoden wurde besonders die Frage, wie offene Daten in der Jugendarbeit eingesetzt werden können, gut aufgenommen. Hier gibt es noch viel Potential für neue Projekte und Ideen. Wichtig ist auch der Austausch und die Vernetzung untereinander: Wir haben in den vergangenen zwei Jahren viel von anderen Projekten und Einrichtungen in der Jugendarbeit gelernt und wünschen uns, dass noch viel mehr Initiativen aus verschiedenen Bereichen zusammenkommen, um ihre Ideen miteinander zu teilen! Aus diesem Grund arbeiten wir zur Zeit auch an einem Netzwerk, das noch über das Projekt hinaus Bestand haben soll.
Neben diesen positiven Aspekten sind wir aber auch immer wieder an Grenzen und Herausforderungen gestoßen: Viele lokale Jugendeinrichtungen hatten Lust mit uns zu arbeiten, insbesondere auch in längerfristigen Digital-AGs, aber keine personellen und finanziellen Ressourcen für die Umsetzung. Auch die fehlende technische Infrastruktur vor Ort beklagten viele Initiativen, die die Formate ausprobieren wollten. Hier muss sich politisch etwas ändern: Wir brauchen eine nachhaltige und langfristige Stärkung bestehender Strukturen, damit offene Räume für Jugendliche dauerhaft geschaffen werden können! Für die Einrichtung von Digital-AGs haben wir außerdem festgestellt: Insbesondere für die Erschließung neuer Zielgruppen und die Vermittlung von digitalen Themen braucht es ein attraktives Image und klare Begrifflichkeiten. Es müssen genügend Ressourcen für die Ansprache von Jugendlichen eingeplant und ein gutes Konzept für die Öffentlichkeitsarbeit erarbeitet werden, damit die Digital-AG gut anläuft. Hier benötigen viele Einrichtungen Unterstützung, die deutschlandweit schwer zu leisten ist und eher regional gefördert werden sollte.