Eine Chance für Open Hardware: das Recht auf Reparatur
In einer Zeit, in der große Teile der technischen Apparate Daten verarbeiten, hat die Forderung nach transparenter Technik einen hohen Stellenwert: Wie erfasst das Smartphone seine Umgebung, welche Daten werden erhoben und wohin gelangen sie? Open Source, das Offenlegen des technischen Aufbaus und die Verwendung von freien Lizenzen, ist hier das bekannte Schlagwort. Während Open Source für den Bereich der Software ein verbreitetes Thema ist und freie Software weite Teile der Softwareentwicklung bereichert, steckt Open Source Hardware noch in den Kinderschuhen. Schlimmer noch: Wer sich an die 50er und 60er Jahre erinnert, weiß, dass der Schaltplan oft fester Bestandteil erworbener Geräte war. Heute verschwinden sie immer mehr in verklebten Gehäusen und sollen möglichst wenige Gründe zum Öffnen geben – eine technische Dokumentation liefert nur die nötigsten Informationen.
Wenn wir uns nicht weiter von der Technik entkoppeln, wenn wir ihr Herrschaftspotential verringern möchten, muss es grundsätzlich die Möglichkeit geben, sie zu durchdringen. Das erfordert eine offene Dokumentation, aber auch ein Design der Geräte selbst, welches das Öffnen ermöglicht. Diese Forderungen stechen sich mit dem allgemeinen Verständnis von der Vermarktung von technischen Geräten: Gibt es eine offene Dokumentation, so ist die Angst groß, dass andere sie gleichermaßen vermarkten. Produzierende, wie Arduino, XYZ Cargo und andere, zeigen allerdings, dass es auch anders geht. Der Verdacht ist groß, dass der Wille klein ist, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Lieber wird sich auf das Altbekannte verlassen.
Open Hardware: Um was geht es genau?
Offene Technologien prägen Diskussionen um Verteilungs-, Sicherheits- und Innovationsfragen - dabei sind auch Patentfragen immer wieder das Thema. Denn technische Geräte unterliegen rechtlich erst mal nicht dem Urheberrecht. Erst das Patent verwehrt die Nachnutzung durch Dritte. Geht es bei Open Hardware also schlicht um die Patentierung?
Nein: Wie auch bei Software ermöglicht es erst die Dokumentation ein Produkt vollständig zu verstehen – mit dem Unterschied, dass bei Hardware von der Dokumentation auch die Reproduzierbarkeit abhängt: “Open source hardware is hardware whose design is made publicly available so that anyone can study, modify, distribute, make, and sell the design or hardware based on that design,” (Open Source Hardware Association).
Die Frage, wie diese Offenlegung des Designs für Hardware genau auszusehen hat, ist weitaus schwerer zu beantworten als für Software – zu viele Parameter spielen für die Reproduzierbarkeit eine Rolle. Eine konkrete und praxistaugliche Anleitung zur Dokumentation von Open Hardware hat das Forschungsprojekt „OPEN! Methods and tools for community-based product development“ entwickelt. Antworten zur Frage nach der richtigen Lizenz gibt die Open Source Hardware Association.
Das Recht auf Reparatur macht Open Hardware vermittelbar
Es scheinen also viele Weichen gestellt, um Open Hardware praktisch umzusetzen. Warum passiert trotzdem so wenig? Eine Antwort ist die fehlende Öffentlichkeit: Open Hardware ist ein schwer vermittelbares Nischenthema.
Das Recht auf Reparatur kann das ändern. Es kann Open Hardware aus der Blase der technisch Involvierten heraustragen und für Laien greifbar problematisieren. Denn hier zeigt sich für Verbrauchende ganz praktisch welche Hürden aus geschlossenen Systemen entstehen, wie schwer es ist, defekten Geräten zu neuer Funktion zu verhelfen: Verklebte Gehäuse verhindern das Öffnen, fehlende Dokumentationen das Nachvollziehen, kaum vorhandene Ersatzteile das Reparieren. Radikal: Das Gerät gehört nicht wirklich den Kaufenden. Um es sein Eigentum nennen zu können, müssen die Kaufenden auch das Recht und die Möglichkeit der Reparatur haben.
Mehr Öffentlichkeit für das EU-Ecodesign-Paket!
Auf EU-Ebene gibt es aktuell kaum wahrgenommene Anstrengungen, das Recht auf Reparatur zu strukturieren. Wir müssen diese Debatte nutzen und befeuern, um Open Hardware greifbar zu kommunizieren und rechtlich zu verankern. Konkret geht es um das EU-Ecodesign-Paket, dessen Beschließung noch bis vor Kurzem auf unbestimmte Zeit verschoben werden sollte. Ein offener Brief sowie eine Petition haben dazu beigetragen, das zu verhindern. Dennoch braucht es mehr Druck, damit die Entscheidung im Sinne der Verbraucher getroffen wird. Indem wir die Debatte mit den Erfahrungen und Forderungen aus dem Bereich der Open Hardware bereichern, tragen wir dazu bei, dass das Recht auf Reparatur nicht bei den Forderungen nach mehr Modularisierung von technischen Produkten und Bereithaltung von Ersatzteilen stehen bleibt. Das Ziel ist die offene Dokumentation.